Die Kunst des »Menschenlesens«

Mit Profiling Skills unterschiedliche Menschentypen verstehen


Unternehmen sind ein Teil bzw. ein Spiegelbild der Gesellschaft. Sie sind »lebende Systeme«, bestehend aus Menschen oder Gruppen, die sich durch Vielfalt und Verschiedenheit in ihren Bedürfnissen auszeichnen. Positive zwischenmenschliche Interaktionen im Arbeitsumfeld aufzubauen, gehört zu den Kernkompetenzen in der heutigen Führungswelt. Dennoch erleben wir alle bisweilen, dass sich Kommunikation wie ein Hindernisparcours anfühlt.

Die zu vermittelnde Botschaft kommt nicht an oder wir selbst stolpern in der Kommunikation mal wieder über eine Fehlinterpretation, reagieren nicht situationsgerecht und das Gespräch eskaliert – eine klassische Misskommunikation. Eine gelungene Kommunikation ist die Basis für den Erfolg zwischenmenschlicher Beziehungen und eine erfolgreiche Menschenführung. Was hilft es, die neuesten Führungstrends wie Neuroleadership, Digital Leadership oder Agile Leadership zu erlernen, wenn die Grundlagen nicht wirklich gut ausgebildet sind? Das schönste Haus stürzt bei einem Sturm ein, wenn das Fundament nicht trägt. Und so verhält es sich auch in der Führung von Menschen.

Ausgehend von dieser recht provokanten Aussage möchte ich im Folgenden ein paar Werkzeuge aus dem Profiling beleuchten, welche die Hindernisse im Parcourslauf der Kommunikation etwas verkleinern.

Im Profiling folgen wir dem »WARTA-Prinzip«: Wertschätzung, Achtung, Respekt, Toleranz und Akzeptanz. Wir analysieren wahrnehmbares Verhalten, erstellen eine Hypothese und überprüfen diese kontinuierlich im Gesprächsverlauf und passen sie ggf. an.

Es ist kein Geheimnis: Menschen sind oft schlechte Zuhörende. Anstatt wirklich zuzuhören, um zu verstehen, hören wir oft nur zu, um zu antworten. Eine amerikanische Redewendung besagt: »People don‘t listen, they reload«. Wie häufig erwischen wir uns selbst dabei, dass wir mit einem Ohr zuhören und schon unsere Antwort ausformulieren; und sobald der Gesprächspartner Luft holt, springen wir mit unserer Antwort in die Kommunikation. Da wir nur die Hälfte gehört haben, kann auch unsere Antwort kein guter Treffer sein. Gute Kommunikatoren wissen, dass wir zwei Ohren und nur einen Mund haben, und beherrschen es, doppelt so viel zuzuhören, wie sie selber sprechen. Im Profiling geht es darum, wahrnehmbares Verhalten auch wirklich wahrzunehmen. Hier legen wir großen Wert auf die Körpersprache.

Körpersprache – die Muttersprache des Menschen

Je besser wir rhetorisch geschult sind, desto mehr verlieren wir die Gabe, unsere »Muttersprache« zu sprechen und sie zu verstehen. Nehmen wir die körpersprachlichen Signale wahr, die uns unser Gegenüber bewusst, vor allem aber auch unbewusst, zeigt? Unser Gesicht ist ein wahres Eldorado für den Profiler. Im Gesicht befinden sich etwa 50 Muskeln, die für unser Mimikspiel verantwortlich sind. 17 Muskeln benötigen wir für ein echtes Lächeln, 43 für ein finsteres Gesicht. Auch wenn alle sagen, Muskeltraining sei wichtig, so denke ich, in der Kommunikation hilft Lächeln mehr.

Spaß beiseite – was sagt uns der kurz einseitig hochgezogene Mundwinkel, was die nur für einen Bruchteil einer Sekunde abgesenkten Augenbrauen? Manches nehmen wir wahr, aber wir können es nicht interpretieren. Paul Ekman, ein Pionier der Emotionsforschung, hat herausgefunden, dass die sieben Grundemotionen Wut, Trauer, Freude, Angst, Überraschung, Ekel und Verachtung in allen Kulturkreisen dieser Erde im Gesicht gleich ausgedrückt werden. Hier unterscheidet man »Makroexpressionen« und »Mikroexpressionen«.

UNSER ANGEBOT

In über 30 offenen Seminaren bauen Sie Ihre persönlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen aus.

Wir begleiten Sie professionell und individuell bei Fragen zur Stärkung von Person und Rolle in der heutigen Arbeitswelt.

Mit unseren firmeninternen Trainings stärken wir die Führungs- und Beziehungskultur Ihrer Organisation.

Wir unterstützen Ihr Unternehmen, notwendige Transformationen erfolgreich auf den Weg zu bringen und zu verankern.

MCSL-NEWS

Unseren kostenfreien Newsletter abonnieren und frische Impulse für den Berufsalltag erhalten. Melden Sie sich jetzt an!

Mit den Makroexpressionen zeigen wir unser öffentliches Gesicht, das heißt, wir machen unser Gefühl auch nach außen hin sichtbar. Meinen Ärger dürfen die Teammitglieder ruhig sehen, meine Freude über die Überraschung meiner Partnerin zeige ich gern. Wie sieht es allerdings mit den Gefühlen aus, die mein Umfeld nicht sehen soll? Jetzt wird es spannend: Mikroexpressionen dauern nur 40 bis 500 Millisekunden.

Sie werden durch das Limbische System gesteuert und sind somit schneller als unser Bewusstsein. Das bedeutet, der kurz einseitig hochgezogene Mundwinkel könnte ein Hinweis auf Verachtung sein, die kurz abgesenkten Augenbrauen könnten Ärger signalisieren. Nun beginnt die Profilingarbeit: In welchem Zusammenhang (Aussage) haben wir die Mikroexpression wahrgenommen? Was möchte unser Gegenüber vielleicht verbergen, oder ist sich selbst nicht bewusst, dass diese Emotion mit der Aussage in Einklang steht. Welche weiteren körpersprachlichen Signale nehmen wir wahr: Hat sich im Gesprächsverlauf der Lidschlag verändert, greift das Gegenüber sich ins Gesicht, hält sich selbst fest oder greift es zum Stift? All die Dinge sind Indizien, die uns weiterhelfen, unser Gegenüber besser zu verstehen.

Beim Griff ins Gesicht oder beim Sich-selbst-Festhalten sprechen wir von sogenannten »Selbstmanipulatoren«. Der Griff zum Stift ist ein sogenannter »Objektmanipulator«. Eine Häufung von Manipulatoren im Gesprächsverlauf ist ein Indiz für Aufgeregtheit. Nun geht es darum zu analysieren, wodurch diese ausgelöst wurde.

Auch die Erkennung von Sprachmustern spielt im Profiling eine wichtige Rolle. Denn nur, wenn wir die Sprache des Gegenübers sprechen, werden wir auch verstanden. Aus der Analyse des wahrnehmbaren Verhaltens und der individuellen Sprachmuster können wir mit den unterschiedlichsten Persönlichkeitstypen interagieren und unsere Argumente passgenau auf unser Gegenüber abstimmen.

Wie Profiling Skills im Berufsleben angewandt werden können

Im Führungsalltag: Als Führungskraft, die ein neues Projekt leitet, nehmen wir wahr, dass ein Teammitglied in den letzten Meetings still war und ungewöhnlich viel Körperspannung zeigt. Wir sprechen den Mitarbeitenden an und erfahren, dass er mit persönlichen Problemen zu kämpfen hat. Wir zeigen Verständnis, bieten Unterstützung an und passen seine Aufgaben vorübergehend an, um ihm den nötigen Raum zur Bewältigung seiner Herausforderungen zu geben. Durch die empathische Kommunikation wird nicht nur sein Wohlbefinden gefördert, sondern auch die Produktivität des gesamten Teams.

Im Verkaufsgespräch: Der Vertriebsmitarbeitende möchte einen potenziellen Kunden von einem Produkt überzeugen. Durch die Profiling Skills ist wahrnehmbar, dass der Kunde sehr zahlenorientiert ist und auf Fakten und Daten anspricht. Anstatt ihn mit emotionalem Storytelling zu überladen, wird das Verkaufsgespräch angepasst und dem potenziellen Kunden werden detaillierte Statistiken und Fallstudien präsentiert.

Denn wie sagt eine alte Angler-Weisheit: »Der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler«. In diesem Sinne passen Sie Ihre Kommunikation dem Gegenüber an. Schärfen Sie Ihre Wahrnehmung und lesen Sie Ihr Gegenüber. Hören Sie zu, um zu verstehen. Werden Sie zum Menschenleser und der Hindernisparcours Kommunikation wird zum Spaziergang.

IHR AUTOR

Ralf Althoff | MCSL

Mentalarchitekt Profiler

Ausgewählte Schwerpunkte
> Führungskräfteentwicklung
> Kommunikation & Konfliktlösung
> Systemisches PCM-Coaching
> Change Management

Ralf Althoff

Weitere Beiträge

Jetzt kommt es auf gute Führung an!

Orientierung in unsicheren Zeiten

 

von Konrad Stadler

mehr lesen
Digital Leadership

Die Rolle der Führungskraft in der Digitalen Transformation

 

von Prof. Dr. Daniel Schallmo

mehr lesen
Zeit für Ambivalenz

Ein Gespräch zwischen Sibille Baier und Hans Baumeister über Eindeutigkeit, Vielfalt, Widerspruch, Idealisierung und Ernüchterung als hoffnungsvollen Ausweg

 

mehr lesen
Auf dem Weg zu »Good Work«

Oder was Arbeit neben Geld und Spaß noch vermag

 

von Heiko Thurner

mehr lesen
Die Kunst des »Menschenlesens«

Mit Profiling Skills unterschiedliche Menschentypen verstehen

 

von Ralf Althoff

mehr lesen
Mit Achtsamkeit wirksam in Führung sein

Heute und damals: Ist gute Führung wirklich so anders? Eine ganz persönliche Betrachtung

 

von Dr. Ramona Eden

mehr lesen
Aimy sagt: Das klingt gut!

Mein Selbstversuch mit einem digitalen Coach

 

von Christina Kral-Voigt

mehr lesen
Leading innovation

Agile Innovationsansätze für den Mittelstand

 

von Werner Martin

mehr lesen
Führungskulturentwicklung

Über die Vorteile eines systemischen Ansatzes

 

von Dr. Pascale Pouzet und Heidi Harder

mehr lesen
»New Work«

Modeerscheinung oder grundlegender Paradigmenwechsel im Verständnis von Arbeit?

 

von Dr. Bernhard Nusstein

mehr lesen
Führen mit Niklas Luhmann

Ein reicher Fundus an Gedanken

 

von Christine Zimmer

mehr lesen
»Wo kämen wir denn da hin, …

... wenn Führungskräfte mehr Fragen stellen würden?«

 

von Matthias Kratz

mehr lesen
Konflikte im Nachfolgeprozess

Durch den Change führen

 

von Maxi Weiss

mehr lesen
Psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz

Der Schlüssel zu einer innovativen und motivierenden Unternehmenskultur

 

von Judith Bergner

mehr lesen
Mit OKR agil die Zukunft gestalten

Führung und Organisation

 

von Werner Martin

mehr lesen
Der reife Manager

Eine vernachlässigte Kategorie

 

von Gerhard Herb

mehr lesen
Konflikte in Teams

Zerstörerische Kraft oder Wachstumsmotor?

 

von Dr. Bernhard Nusstein

mehr lesen
Wie wächst Kooperation in Teams?

Eine Fabel

 

von Dr. Bernhard Nusstein

mehr lesen
Selbstkompetenz

Was ist das? Wozu nützt sie?

 

von Ludger Beckmann

mehr lesen
Siegeszug des Populismus?

Bieten wir dem postfaktischen Kurs die Stirn!

 

von Dr. Bernhard Nusstein

mehr lesen
Das Ende der Alphas?!

Die Zukunft von Führung

 

von Gerhard Herb

mehr lesen
Sparringspartner für Menschen an der Spitze

Externes Coaching

 

von Gerhard Herb

mehr lesen
Generationenvielfalt 4.0

Zündstoff für Menschen und Unternehmen

 

von Dr. Ramona Eden

mehr lesen
Bewegungs- und Entspannungsprogramm für Manager

 

von Marianne Großklaus

mehr lesen
Sprachingenieur und Beziehungsmanager

Zwischen Kommandoton und Diskursmanagement

 

von Dr. Bernhard Nusstein

mehr lesen
»Getting to YES«

Besser Verhandeln nach dem Harvard-Prinzip

 

von Dr. Bernhard Nusstein

mehr lesen
Selbstkompetenz

Eine Leiteigenschaft erfolgreicher Führungskräfte

 

von Ludger Beckmann

mehr lesen
Präsenz in der Führung

Vom Benefit der Achtsamkeit im Berufsleben

 

von Ludger Beckmann

mehr lesen
Ganzheitliches Selbstmanagement

Die beste Vorbeugung gegen das »Burnout-Syndrom«

 

von Dr. Bernhard Nusstein

mehr lesen
Leitungsteam-Coaching

Erfolgsgarant beim Umsetzen von Veränderungen

 

von Dr. Ramona Eden

mehr lesen
Herausforderung Gesundheitsmanagement

Handlungsbedarf

 

von Judith Bergner

mehr lesen
Kultur des WIR!

Plädoyer für eine neue Beziehungskultur in Unternehmen.

 

von Gerhard Herb

mehr lesen
Psychologischer Nebel

als Kommunikationshindernis

 

von Dr. Bernhard Nusstein

mehr lesen
Femininität versus Maskulinität im Management

 

von Judith Bergner

mehr lesen
Das kann doch ein anderer machen!

Delegationsgespräche führen

 

von Dr. Bernhard Nusstein

mehr lesen
Das Schlechte-Nachrichten-Gespräch

Eine Herausforderung für Führungskräfte

 

von Dr. Bernhard Nusstein

mehr lesen
Die »eigene« Geschichte

Der Blick auf sich selbst und berufliche Wirklichkeiten: Biografie-Arbeit

 

von Matthias Kratz

mehr lesen
Führen auf Distanz

Der Einfluss des Führungshandelns auf den Erfolg virtueller Teams

 

von Judith Bergner

mehr lesen