Konflikte am Arbeitsplatz
Was wirklich funktioniert
mit Esther Basu
Frau Basu, Konflikte gelten im Berufsalltag oft als störend oder belastend. Doch sind sie wirklich per se etwas Negatives – oder geht es vielmehr darum, wie wir mit ihnen umgehen?
Ich glaube, wir empfinden Konflikte oftmals als belastend, weil wir nicht wissen, wie wir konstruktiv mit ihnen umgehen. Wenn wir destruktiv agieren, machen wir schlechte Erfahrungen, was letztlich dazu führt, dass wir Konflikte meiden. Konflikte tragen aber auch viele Chancen in sich! Mein Gegenüber und ich können daraus lernen und persönlich wachsen. Wenn wir einen Konflikt mit einer anderen Person erfolgreich gelöst haben, erleben wir zudem oftmals, wie sich die Beziehung und das gegenseitige Vertrauen stärken. Und meist kommen wir doch durch das Zusammenspiel mit anderen Perspektiven und Ideen viel weiter, wie nur mit unseren eigenen, oder? Da ist es wie mit der Schwarmintelligenz: Zusammen finden wir bessere Lösungen.
Welche Arten von Konflikten erleben Sie in Unternehmen am häufigsten und welche typischen Konfliktdynamiken begegnen Ihnen in Ihrer Arbeit?
Am häufigsten erlebe ich kalte Konflikte. Das sind diejenigen, die unter der Oberfläche schwelen, aber nicht wirklich offen ausgetragen und damit nicht gelöst werden können. Wenn ich Teilnehmende, die von ihren Konflikten berichten, danach frage, ob sie diese auch angesprochen haben, wird oft verneint. Und da sind wir schon bei den typischen Dynamiken. Es findet oft eine unklare oder unbewusst destruktive Kommunikation statt, aus der Missverständnisse entstehen, Aussagen werden persönlich genommen und daraus erwachsen Feindbilder. Lagerbildungen sind die Folge und je nach Vehemenz und Eskalationsgrad geht es bis zum Gesichtsverlust, Drohungen oder tatsächlichen »Sabotageakten«. Es wird z.B. nicht mehr auf E-Mails geantwortet, der Mitarbeiter ist nicht erreichbar, wichtige Informationen werden nicht weitergegeben. Dadurch werden Aufgaben verzögert oder Projekte verschleppt. Im schlimmsten Falle scheitern diese sogar und am Ende verlieren alle Beteiligten.
Kann man denn jeden Konflikt lösen oder gibt es grundsätzliche Konflikte in Organisationen, die man eher steuert und positive Energie daraus zieht?
Grundsätzlich ist für mich jeder Konflikt »lösbar«. Vielleicht nur nicht mit der Lieblingsstrategie, die wir zunächst vor Augen haben. Wir streiten im Grunde immer auf Strategieebene, weil wir unterschiedliche Lösungen verfolgen. Worüber wir nicht streiten, sind unsere abstrakten Bedürfnisse, die jeder Mensch hat: z.B. Fairness, Wertschätzung, Miteinander. In verfahrenen Situationen gilt es, verschiedene Strategien in Betracht zu ziehen und auch mal von seiner Lieblings-Strategie loszulassen. Der Schlüssel liegt hier im tiefen Verständnis unserer Bedürfnisse: Wenn dies eintritt, entstehen auch Offenheit und Impulse für andere Wege.
Vom Lösen zum Entstehen: Wie entsteht eigentlich ein Konflikt und welche Anzeichen gibt es dafür?
Frühe Anzeichen sind Verhaltensänderungen von Mitarbeitenden oder eine Verschlechterung der Stimmung. Freundliche, offene Mitarbeitende sind plötzlich verschlossen und ziehen sich zurück. Oft werden solche Anzeichen nicht übersehen, sondern eher ignoriert. Man weiß nicht so recht, ob da tatsächlich etwas ist und wie man den Mitarbeitenden konkret ansprechen soll. Man möchte ihm auch nicht zu nahetreten oder etwas hineininterpretieren, was nicht ist. Oft wird nach »Prinzip Hoffnung« agiert: »Wenn etwas ist, wird er schon zu mir kommen.« Oder: »Das wird sich schon wieder legen.« Meistens löst es sich jedoch nicht von alleine auf, weil eben doch eine Störung vorliegt.
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Wenn ich als Führungskraft eine solche Situation erkenne, wie gehe ich dann konkret vor – und mit welcher Haltung?
Essentiell ist es, Störungen so früh wie möglich anzusprechen. Der erste Grund ist simpel: Sowohl ich als auch die andere Konfliktpartei kann sich noch gut an den Konflikt erinnern. Das ist Wochen oder gar Monate später nicht mehr der Fall. Zweitens: Je länger ich warte, um so mehr Interpretationen entstehen im Kopf und man übersteigert vielleicht gewisse Dinge. Das kostet zudem auch Energie. Meinen Teilnehmenden gebe ich ein System an die Hand, mit dem sie direkt sagen können, was sie stört – ohne verbrannte Erde zu hinterlassen. In Konflikten geht es meist ums Rechthaben-Wollen. Dann komme ich leider nicht in die Haltung, dass der andere vielleicht – genauso wie ich – eine gute Absicht oder einen berechtigten Grund für seine Sichtweise hat. Die Haltung ist also ganz entscheidend: Wie gehe ich auf andere zu, will ich nur Recht haben oder geht es mir um gute Beziehungen? Wenn wir eine offene und wertschätzende Haltung leben, könnten wir doch auch erstmal neugierig fragen, worum es dem anderen geht oder wie er zu seiner Sichtweise kommt, anstelle darum zu kämpfen, wer Recht hat, oder?
Angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheiten: Nehmen Konflikte in Unternehmen gerade zu und gibt es eine Konfliktart, mit der Sie als Trainerin und Beraterin aktuell häufiger zu tun haben?
Ich nehme eine starke Zunahme an Konflikten wahr. Es herrscht eine hohe Veränderungsgeschwindigkeit vor. Es gibt Kostendruck, Mitarbeitende werden »wegrationalisiert«, gleichzeitig steigt aber die Zahl der Aufgaben und Systeme werden umgestellt – alle sind ständig in Veränderungen. Und Veränderung bedeutet das Verlassen der Komfortzone und etwas Neues zu lernen. Das führt zu Überforderung, Angst vor Fehlern und Frust. Und das wirkt natürlich konfliktfördernd. Die Hybrid-Arbeit spielt hier auch mit rein: Es gibt Diskussionen über die Erreichbarkeit, die Kommunikation verschlechtert sich oft, manchmal kommt sie komplett zum Erliegen. Durch unterschiedliche Regelauslegungen ist Neid auch ein Faktor. Darüber hinaus gibt es Generationenkonflikte, hier stehen unterschiedliche Werte und Kommunikationskulturen im Vordergrund.
Wie kann ich als Unternehmen an der Konfliktkultur arbeiten und was kann ich als Führungskraft dazu beitragen?
Das Verständnis, dass Konflikte Chancen sind, darf geschaffen und gelebt werden. D.h. Konflikte nicht als Tabu zu sehen. Das fängt bei der Feedbackkultur an: Kritik ist gewünscht – natürlich wertschätzend. Das setzt ein gewisses Knowhow voraus. Die gute Absicht unterscheidet sich oft von der Wirkung, wie das Feedback vom Gegenüber tatsächlich erlebt wird. Es darf ein Rahmen geschaffen werden, der Verletzlichkeit und Emotionen zulässt. Sonst wird im Unternehmen Konflikten eher ausgewichen. Das heißt natürlich nicht, jede Emotion unreflektiert auszuleben. Um bildlich zu sprechen: Unternehmen benötigen eine gute »Lüftung«. Es muss Mechanismen geben, schlechte Luft zu erkennen und dann einen Luftaustausch durchzuführen. Toxische Konfliktkulturen lassen die »dicke Luft« im Raum stehen – mit all ihren negativen Folgen vom Rückzug bis zur Eskalation. Als Führungskraft kann ich zu einer offenen Gesprächskultur einladen. Ich kann Raum bieten, in dem auch mal unkonventionellere Fragen gestellt werden: Gibt es irgendetwas, das zwischen uns liegt? Wie geht es dir mit dieser Situation, meinem Feedback etc.? Es geht darum, mehr auf das Emotionale zu schauen – und nicht nur auf die Sachebene. Für den Umgang miteinander im Konfliktfall sind Vereinbarungen, wie z.B. Spielregeln, hilfreich. Diese geben Orientierung und Schutz für alle Beteiligten.
Stichwort »Knowhow«: Was können Führungskräfte tun, um Ihre Konfliktkompetenz gezielt zu stärken? Und wie setzen Sie dies im Seminar »Konflikte verstehen und lösen« um?
Ich unterstütze Führungskräfte auf zwei Ebenen: Wir schauen uns zuerst die Haltung an. Welche Haltung habe ich gegenüber mir selbst – und der anderen Person? Bin ich bereit, mich und den anderen als Mensch mit Bedürfnissen wertzuschätzen, auch wenn es mir vielleicht noch nicht immer gelingt? Bin ich bereit, auch meine eigenen Anteile an Konflikten zu erkennen und von Feindbildern loszulassen? In einem zweiten Schritt geht es um die Anwendung konstruktiver Sprache. Viele Teilnehmenden denken, sie könnten dies bereits. Im Laufe der Tage erkennen sie meist: Da ist noch »Luft nach oben« in ihrem Ausdruck und ihrem Verhalten. Es braucht ein tieferes Knowhow über die Fallstricke in der Sprache. Grundsätzlich ist es ein starkes Zeichen, wenn Führungskräfte selbst mit gutem Beispiel vorangehen und auch gegenüber den Mitarbeitenden offen über ihre eigenen Entwicklungsfelder sprechen und bereit sind, dazuzulernen.
Wie kann man sich das konkret im Seminar vorstellen und wie schaffen Sie den Bezug zur Praxis?
Im Seminar wird nicht nur Theorie »verkündet«. Die Teilnehmenden bearbeiten jeweils einen eigenen Konfliktfall. Auf dessen Basis lernen sie Stück für Stück, sich aufrichtig zu äußern und sich für ihr Anliegen einzusetzen – und dies mit nur einem System. Mit diesem Leitfaden können Sie dann in Zukunft jeden Konflikt angehen. Das Erwerben des Knowhows gelingt, indem die Teilnehmenden die positive Veränderung Stück für Stück am eigenen Konfliktfall erleben – gepaart mit dem Feedback von mir und der Gruppe. Sie gehen mit einer Lösungsidee nach Hause, die sie direkt am nächsten Arbeitstag umsetzen können. Und das Feedback wiederholt sich regelmäßig: Am Anfang kommen die Teilnehmenden eher konfliktscheu ins Seminar und am Ende sind sie motiviert, ihre Konflikte zu lösen – weil sie nun wissen, wie sie es angehen können und durch die Seminartage auch immer mehr in die Haltung gekommen sind, konstruktiv agieren zu wollen. Zudem erleben die Teilnehmenden eine Umsetzungsbegleitung, bei der wir uns ca. 4 Wochen nach Seminarende nochmal online treffen und die Fälle und gemachten Erfahrungen reflektieren: Was ist gelungen? Wo liegt Verbesserungsbedarf? Diese »Qualitätskontrolle« hat sich bewährt, um Anlauf für die nächsten Schritte und die weitere Integration in den Alltag zu nehmen.
»Erlebnis schafft Ergebnis« könnte man abschließend zusammenfassen. Wir bedanken uns für das Gespräch und freuen uns auf die kommenden Veranstaltungen.
Ich bedanke mich auch sehr herzlich für die Einladung!
Rechtsanwältin, Mediatorin, Coach und Trainerin für Konfliktmanagement
Ausgewählte Schwerpunkte
> Konfliktmanagement
> Konstruktiv Kommunizieren
> Emotionale Intelligenz
> Beziehungsmanagement