Konflikte am Arbeitsplatz
Was wirklich funktioniert
mit Esther Basu
Als Trainer des Seminars »Lautracher Führungs-Update« arbeiten Sie mit Führungskräften des mittleren Managements. Welche Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen typischerweise zu Ihrem Seminar?
Dr. Bernhard Nusstein: Meist kommen Führungskräfte aus dem mittleren Management ins Seminar: Abteilungsleitende und Teamleitende, die mindestens fünf Jahre Führungserfahrung mitbringen, also schon über eine längere Führungspraxis verfügen. So grenzen wir die Zielgruppe auch gegenüber dem »Lautracher Führungsnachwuchs-Training« ab.
Matthias Kratz: Die Teilnehmenden sprechen von der Sandwich-Position, in der sie sich befinden – ein besonderes Geflecht aus Erwartungen, Anforderungen, Abhängigkeiten und auch eigenen Ansprüchen.
Dr. Bernhard Nusstein: Was die Branchen und Fachbereiche betrifft, sind wir nicht eingeschränkt. Menschen aus unterschiedlichsten Unternehmen im Seminar zu haben, macht auch den Reiz aus. Finance, Technik oder Handwerk – die systemischen Rahmenbedingungen der Teilnehmenden sind auf den ersten Blick sehr unterschiedlich. Wenn der Leiter einer Pflegeeinrichtung auf den Serviceleiter einer bekannten Online-Bank trifft, wird aber schnell klar, dass die Führungsherausforderungen sehr ähnlich sein können. Alle führen letztlich Menschen, auch andere Führungskräfte und es gibt immer eine bestimmte Teamdynamik.
Mit welchen konkreten Anliegen und aus welcher Motivation kommen die Teilnehmenden ins Seminar?
Matthias Kratz: Ich glaube die Motivation ist gar nicht so spezifisch auf einen Nenner zu bringen. Allgemein verbindet die Teilnehmenden, dass sie so etwas wie einen »Boxenstopp« ansteuern. Diese Führungskräfte funktionieren in ihrem Alltag gut und sind viel gefordert. Gleichzeitig haben sie wenig Zeit, das zu reflektieren, sich weiterzuentwickeln, sich auszutauschen und neue Impulse zu holen. Und dafür wird das Seminar gesucht und genutzt.
Dr. Bernhard Nusstein: Einigen Teilnehmenden wird der Seminarbesuch von Vorgesetzten, die das Seminar schon einmal selbst besucht haben, als eine Art »Auszeit« vorgeschlagen. Diese Teilnehmenden können ihre Anliegen zu Beginn des Seminars oft gar nicht spezifisch benennen. Andere haben ganz konkrete Praxisfälle: Teamkonflikte oder Mitarbeitende, die sich mit Veränderungen schwertun oder den Leistungsanforderungen nicht gerecht werden. Ein ganz starkes Motiv ist oft auch die Frage, ob man seinen Job so weitermachen oder eventuell etwas Neues ausprobieren möchte. Ist meine Arbeit noch sinnstiftend genug? Viele nutzen das Angebot auch als Orientierungsseminar. Für persönliche Sinnfragen ist speziell im ersten Präsenzmodul genügend Raum.
Matthias Kratz: Vor dem ersten Präsenzmodul führen wir Trainer mit jedem Teilnehmenden ein Kennenlerngespräch, um zu verstehen, aus welchem Kontext diese kommen. Und hier tauchen die aktuellen Führungsthemen auf, für die Bernhard schon Beispiele genannt hat. Die meisten wollen für sich etwas tun, eine Art Standortbestimmung vornehmen und sich neu verorten: Was sind meine Perspektiven? Was will ich – persönlich und in meinem Beruf, meiner Profession und Rolle?
Gibt es aktuell konkrete Themen, die vermehrt im Seminar auftauchen?
Dr. Bernhard Nusstein: Was vermehrt dazugekommen ist, ist die Frage nach der steigenden Komplexität – was als Schlagwort ja auch in aller Munde ist. Komplexität heißt, es wird unübersichtlich. Schon die Situation lässt sich nicht mehr so analysieren, dass sie vollständig verstehbar wird, und es gibt erst recht keine eindeutigen Lösungen. Komplexität kann man nicht in den Griff kriegen, sondern nur bewältigen und man muss sie auch aushalten. Wie gehe ich damit um, wenn Mitarbeitende Orientierung einfordern, die ich auch nicht habe? Was bedeutet hier »gute« Führung? Die Sehnsucht nach einfachen Lösungen gibt es wie in der Bevölkerung auch unter Mitarbeitenden. Reflektierte Führungskräfte wissen, dass sie diese Sehnsucht nicht bedienen können und kommen mit diesen Fragen ins Seminar. Wir geben dem Raum und versuchen, gemeinsam Leitplanken dazu zu entwickeln, wie man mit Komplexität umgehen kann.
Das heißt, im Seminar gibt es auch ganz konkret den Blick in die jeweiligen Organisationen?
Matthias Kratz: Absolut, das ist ein wichtiger Fokus des Seminars, speziell auch aus dem Blickwinkel der angesprochenen Sandwich-Position mit den Ansprüchen der oberen Führungsebene und der Erwartungshaltung der unteren Führungsebene bzw. der direkt geführten Mitarbeitenden. In dieser Situation nimmt die Komplexität tatsächlich rasant zu. Wenn ich ein Gefühl dafür suchen müsste, wie Menschen Komplexität merken, dann wäre es das Gefühl hoher Anspannung. Es ist viel Spannung in der Organisation und in dem Bereich, in dem die Führungskraft wirken soll. Hinzukommt, was Führungskräfte spüren und auch bei ihren Mitarbeitenden erleben: eine Veränderungserschöpfung. Komplexität gepaart mit einer hohen Dynamik an Veränderungen – sowohl die Vielzahl als auch die Geschwindigkeit – führt zu einem hohen Maß an Erschöpfung bei vielen Menschen. Diese Gemengelage versuchen wir im Seminar aufzugreifen und fragen: Was bewirkt es bei mir? Und finde ich Antworten, die für mich gelten, aber auch für meine Mitarbeitenden? Wie komme ich zum Beispiel aus der Spannung wieder in eine Entspannung, um in einer gewissen Ruhe und Klarheit gute Entscheidungen treffen zu können?
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Um diese komplexen Ansprüche mit den Teilnehmenden erfolgreich zu bearbeiten, erfordert es sicher auch ein entsprechend durchdachtes Seminarformat. Wie ist das Seminarkonzept des »Lautracher Führungs-Updates« konkret gestaltet?
Dr. Bernhard Nusstein: Das Seminar besteht aus drei Modulen und einem Vorgespräch. Im schon vorhin angesprochenen Kennenlerntermin telefonieren wir mit jedem Teilnehmenden mindestens 20 Minuten und versuchen gemeinsam herauszufinden, was die spezifische Situation ist, in der diese Person führt und mit welchen Erwartungen sie ins Seminar kommt. Unser Konzept richten wir nach den Anliegen der Teilnehmenden aus, indem wir im Seminar entsprechende Schwerpunkte setzen. Im ersten Präsenzmodul steht grundsätzlich die Person der Führungskraft im Mittelpunkt. Unserer Überzeugung nach hat Führung nicht nur etwas mit Tools zu tun, sondern hängt stark mit der Führungspersönlichkeit zusammen – mit ihren Fähigkeiten, sich selbst zu reflektieren, mit Widerstand und Rückschlägen umzugehen, Visionen zu entwickeln und sich dabei selbst gut zu führen.
Matthias Kratz: Im zweiten Präsenzmodul schauen wir genauer auf Instrumente, mit denen man im Führungsalltag seine eigene Wirkung steigern und verbessern kann. Da arbeiten wir vor allem mit Fallbeispielen aus der Praxis. So gehen wir nicht nach der Reihenfolge »erst Theorie dann Praxis«, sondern fangen oft mit Praxisbeispielen an und schauen dann, welche Modelle ein tieferes Verständnis bieten, aus denen wir Lösungsansätze erarbeiten können.
Das hört sich spannend an. Gibt es Beispiele, die seitens der Teilnehmenden oft eingebracht werden?
Matthias Kratz: Häufig sind es Themen, die mit dem Personal bzw. Team zu tun haben. Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter, schon einige Jahre in der Firma tätig, mit guten Leistungen und viel Engagement. Dieser hat sich für eine interne, freie Führungsposition beworben. Aus Sicht der Firma wird der Mitarbeiter die Stelle aktuell nicht bekommen, da hierfür noch Kompetenzen fehlen. Gleichzeitig soll der Mitarbeiter gehalten werden und weiter gefördert werden. Wir beleuchten die Situation aus verschiedenen Perspektiven, und oft nutzen wir auch die Methode einer Gesprächssimulation, damit die Teilnehmer trainieren, wie sie auch kritisches Feedback so geben können, dass es wertschätzend rüberkommt und nicht demotivierend wirkt. Die Führungskraft muss auch lernen, den Frust auszuhalten, den diese negative Nachricht beim Mitarbeiter auslöst und zugleich eine positive Perspektive für diesen Mitarbeitenden entwickeln.
Wie geht es nach den Präsenzmodulen weiter?
Dr. Bernhard Nusstein: Die Abrundung erfolgt mit dem dritten Modul im Online-Format, das ungefähr sechs bis acht Wochen nach dem zweiten Präsenzmodul stattfindet. Es dient zur Transferkontrolle – die Teilnehmenden sind immer hochinteressiert, was aus dem Besprochenen und Erarbeiteten in der Zwischenzeit geworden ist. Was konnte umgesetzt werden? Wie hat es sich bei den anderen weiterentwickelt? Da die Gruppe in den Modulen oft richtig eng zusammenwächst, nehmen die Teilnehmenden den Termin trotz voller Terminkalender gerne wahr. Generell ist es unser Ziel, eine Lerngemeinschaft zu schaffen, die offen über Schwächen und Rückschläge spricht. Viele Gruppen treffen sich auch später selbstorganisiert weiter.
Matthias Kratz: Meine letzten vier Gruppen tun dies auch. Viele halten den Kontakt weiterhin und treffen sich im Rhythmus von vier bis sechs Monaten, ohne mein Zutun. Die Teilnehmenden schätzen den Austausch und das Vertrauen, deren Basis im Seminar gelegt wurde, und die Möglichkeit, konkrete Themen ansprechen zu können und weiter voneinander zu lernen. Wir bleiben auch über LinkedIn mit den Teilnehmenden weiter in Kontakt und freuen uns, wenn wir positive berufliche Entwicklungen mitverfolgen können.
Was reizt Sie denn besonders, bei diesem Seminar Trainer zu sein, wo liegt Ihre persönliche Motivation?
Matthias Kratz: Ich finde es großartig, Menschen zu erleben, die – einfach gesagt – gerne gute Arbeit machen wollen und nicht aufhören und bereit sind, sich inspirieren zu lassen, die Austausch und Wissen suchen und sich im Seminar stärken wollen. Diese innere Grundmotivation ist im Seminar immer wieder spürbar und macht die gemeinsame Seminararbeit so wertvoll. Darüber hinaus ist für uns Trainer die angesprochene Unterschiedlichkeit der Gruppen interessant. Letztlich werden die Gruppen unmittelbar ein Beispiel für das, was die Teilnehmenden in ihrer Führungswirklichkeit auch erleben: eine zunehmende Unterschiedlichkeit von Personen und Persönlichkeiten bei den Mitarbeitenden. Das sehen die Führungskräfte oft als Problem – wie kriege ich die alle unter einen Hut? –, gleichzeitig erleben sie aber im Seminar, dass dies ein hoher Gewinn ist und in dieser Verschiedenheit eine Kraft liegt, die förderlich und bereichernd ist.
Dr. Bernhard Nusstein: Was ich faszinierend finde ist, dass fast immer die richtigen Menschen zusammenkommen. Dann zu beobachten, wie so eine Gruppe über die Tage zusammenwächst und wie es auch gelingt, sich zu öffnen und von sich auch etwas zu zeigen, wo ich verletzlich oder angreifbar bin. Das würde ich auch als Kernkompetenz von mir sehen: dafür eine Atmosphäre zu schaffen, in der man offen reden kann und sich nicht verstecken muss. Wir haben alle unser Päckchen zu tragen und niemand hat für alles eine gute Lösung und alles im Griff. Das lebe ich auch vor und erzähle etwas von mir. Letztendlich mag ich es einfach, mit Menschen über existenzielle Lebensfragen zu philosophieren, aber auch, wie sich Gesellschaften ändern und sich Unternehmen entwickeln. Dabei finde ich immer wieder die Vielfalt beruflicher Lebenswirklichkeiten spannend. Und wenn ich dann Feedbacks erhalte von Teilnehmenden, die gestärkt aus dem Seminar gehen, dann habe auch ich das Gefühl, dass ich einen sinnstiftenden Beruf habe.
Was möchten Sie den Lesenden zum Schluss noch mitgeben?
Dr. Bernhard Nusstein: Schau auf dich, betreibe auch gute Selbstfürsorge und halte immer wieder inne. Es ist eine Zeit, in der wir alle ins Hamsterrad gedrängt werden. Es soll alles immer schneller gehen. Unser Seminar ist die Einladung zur Entschleunigung. Sei in gutem Kontakt mir dir selbst, aber auch mit den Menschen, für die du Sorge trägst. Es sind Menschen, die du führst, keine Roboter.
Matthias Kratz: Es geht nicht darum, die eine richtige Führung zu finden, sondern für sich einen Weg zu finden, eine gute und professionelle Führungskraft zu sein – sich selber und jeden Einzelnen im Kontext der Führungsverantwortung zu sehen und dem gerecht zu werden.
Dr. Bernhard Nusstein: Und was man in diesen Zeiten vielleicht auch sagen muss: Bewahre dir deinen Humor und nimm nicht alles so bierernst! Es ist so schon eine schwere Zeit. Führungskräfte, die es schaffen, eine gewisse Leichtigkeit zu bewahren und auch selbstironisch sein können, die machen es auch ihrer Umwelt leichter. Da werden kreative Energien frei und es ist nicht alles so verbissen.
Das ist ein gutes Schlusswort. Vielen Dank für das Gespräch!
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