Laterale Führung heute: Führen ohne Chef zu sein

Interview mit Dr. Ramona Eden


Folgendes Interview mit unserer Trainerin Dr. Ramona Eden erschien in unserer Reihe MCSL MEETS YOU als Video-Interview. Lesen Sie hier das Videotranskript.

Ramona, stell dich doch bitte kurz vor. Seit wann bist du Trainerin und Coach und was sind deine Themenschwerpunkte?

Das ist die Frage, auf die man das Rechnen anfängt. Tatsächlich seit 30 Jahren bin ich nun in diesem Bereich Trainerin, Teamentwicklerin und Coach. Und über die Jahre, seit fast 20 Jahren, sind es eben die Führungsthemen, die mich beschäftigen: Wie gelingt es, dass Menschen zusammen gute, auch vital gute Ergebnisse erzielen können. Und das Thema »Laterales Führen« ist so ein bisschen meine Spezialwiese geworden, meine Spezialangelegenheit.

Dabei geht es im Endeffekt um Führen ohne Vorgesetzten-Funktionen. Was ist denn da der Unterschied zu den traditionellen Hierarchiemodellen in der Personalführung und was ist überhaupt die Idee des lateralen Führens?

Das laterale Führen ist ja letztlich eine Antwort darauf, wie vor 20, 25 Jahren der Anteil der Projektarbeit schon zugenommen hat. Also wie kann ich führen, zu Ergebnissen kommen, wenn ich die Menschen, die Verantwortlichen, einbeziehe und dabei nicht nur das Machtwort sozusagen als Entscheidungsinstrument nehme. Aus dem ist vor 15, 20 Jahren der Bedarf für laterale Führung schon entstanden. Und letztlich kann man laterales Führen durchaus übersetzen mit konsequent, kooperativ zusammen Verantwortung übernehmen. Und da sind wir bei einem »von der Seite«, unabhängig von der Hierarchie zu guten Ergebnissen kommen.

Machen wir mal ein Schwenk in die Jetzt-Zeit und die Frage, wie hat sich das laterales Führen im Zuge von Digitalisierung, Corona, Remote Work, Transformation und so weiter verändert und welche Herausforderungen gibt es nach wie vor noch?

Also ich denke manchmal, dass laterales Führen wie eine Antwort auf die Fragen unsere Zeit ist, weil es dringlicher ist denn je: die Anforderungen, die Arbeitsbedingungen, die Herausforderungen, was unsichere, komplexe, schwierige Ressourcen und Zeitfragen anbelangt. Diese Herausforderungen sind größer geworden und sie lassen sich einfach nur gemeinsam lösen, schlicht und ergreifend. Wir brauchen die Kooperation vornedran, wir brauchen die Leistungsbereitschaft und es geht nicht über Kontrolle, es geht nicht über Ansage. Und laterale Führung ist wie eine Antwort darauf.

Inwieweit kann das Konzept des lateralen Führens dazu beitragen, dass Mitarbeiter:innen mehr empowert werden, dass sie vielleicht mehr Leistungsfreude entwickeln, auch motivierter sind, wenn sie eben gewisse Projekte stemmen sollen?

Tatsächlich denke ich über diese Frage schon unglaublich lange nach und auch immer wieder. Wenn man es auf den Punkt bringt hat es so zwei, drei, vier Elemente, die dazu führen, dass Mitarbeitende in einem Unternehmen langfristig leistungsbereit sind und bleiben. Das Eine ist, dass sie gesund, resilient sind, tatsächlich Power haben und das auch langfristig. Das Zweite ist, dass sie orientiert sind und sinnstiftend in einer Klarheit: worum geht es hier und warum ist es gerade die beste Lösung, die beste Variante, die wir haben. Und der dritte Teil: Ich denke, es geht ein Stück weit auch um den Urinstinkt, erfolgreich zu sein. Und das, was Erfolg haben wird, wird sich durchsetzen. Und das heißt, dort, wo der Einzelne vorkommt und erfolgreich sein kann und wo sich das verbindet mit dem, wie es fürs Team, für die Firma erfolgreich ist, dort wird sozusagen wie von alleine auch der Sog hingehen. Und die Führungsart, der Führungsstil, der das am besten schafft, ist einfach ein hochprofessioneller, kooperativer: ein lateraler. Weil er einfach das Know-how und die Power von allem vereint.

Schauen wir noch einmal auf die Ebene der Organisationen. Welchen konkreten Nutzen und potenzielle Effekte werden Organisation erzeugen, wenn sie das laterale Führen implementieren und im Gegenzug aber auch: Gibt es möglicherweise auch negative Effekte?

Wenn es gut läuft, hat man in der ganzen Phase – wenn man in der Projektlogik ist, solange man sich für das Thema engagiert – ein gemeinsames Entwickeln und damit sind alle Ideen enthalten und es ist bis zum Schluss so, dass alle Verantwortung übernehmen und zur Verfügung stellen, was notwendig ist. Und es ist nicht mehr ein Nacheinander, wo man mal Ideen abfragt und dann setzt man mal um und dann trägt jeder seinen Teil bei, sondern es ist ein permanent gemeinsames Ringen um guten Fortschritt. Das ist der große Vorteil, das ist der große Gewinn. Wenn es nicht so gut läuft, dann überwiegen die Reibungspunkte. Dann überwiegt, dass die Frage, wer nun letztendlich verantwortlich ist, nicht wirklich beantwortet wird. Dann überwiegt, dass keine klugen Entscheidungen getroffen werden. Entscheidungen bleiben einfach offen und das ist durchaus kritisch. Also es braucht schon ein professionelles laterales Führen. Und nicht nur so ein bisschen.

Kann denn die Philosophie des lateralen Führens auch dazu beitragen, dass die Innovationskraft von Firmen gestärkt wird?

Ich bin zutiefst überzeugt! Genau an den Stellen. Vielleicht nicht in jedem Punkt sozusagen so unmittelbar und direkt, aber wir brauchen eben eine Vertrauens-, eine Lernkultur, und zwar nicht nur eine punktuell angeschaltete, dann, wenn einem einfällt, dass man Vertrauen braucht. Sondern das muss ein Boden und Raum sein, wo die, die notwendig sind, sich freiwillig engagieren und einfach alles zur Verfügung stellen, was denkbar ist. Diese Qualität brauchen wir, brauchen wir in Projekten, brauchen wir, wenn es um Transformationen und Digitalisierung geht.

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Schönes Schlusswort, aber wir sind noch nicht ganz beim Schluss. Denn jetzt kommt unsere Schlussfragerunde:
 

Meer oder Wüste?

Wüste, ganz eindeutig.

Paragleiten oder Tauchen?

Fliegen – Paragleiten.

Gefühlsmensch oder Kopfmensch?

Tatsächlich, ich überlege und überprüfe die Impulse hinterher: Gefühlsmensch.

14 Tage aufs Handy oder aufs Auto verzichten?

Kann beides loslassen, beides kann weg.

Und letzte Frage: Auf welche drei Dinge kannst du im Moment in deinem Leben nicht verzichten?

Das ist mein Seemann, tatsächlich mein Mann. Das ist das Lachen und das Sehen der guten und auch kostbaren Dinge, gerade weil es in unserer Welt so viele knifflige, globale Themen gibt. Und wo gelacht wird, sind die Menschen und es ist die Liebe zu den Menschen.

Vielen Dank Ramona. Sehr, sehr schöne Schlussworte, vielen Dank für das Gespräch!

Danke, Christina!

UNSERE INTERVIEWPARTNERIN

Lerncoach und NeueWegeFinderin, Organisationsberaterin

Ausgewählte Schwerpunkte
>Lern- & Entwicklungsreisen
>Begleitung & Moderation von Teamprozessen
>Beratung & Begleitung von Change- & Transformationsprozessen
>Business-Coaching

Dr. Ramona Eden

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