Trainerin & Coach sowie Nachfolgeberaterin
Moderation von Organisations- und Teamentwicklung; Coaching für Führungskräfte; Supervision für Führungsteams; Begleitung der Nachfolge in Familienunternehmen
Frau Scheuplein und Maxi Weiss, als Nachfolgeberaterinnen bzw. Organisationsberaterinnen begleiten Sie Transformationen in Familienunternehmen. Was hat Sie dazu bewogen, sich dem Thema Unternehmensnachfolge zu widmen?
Maxi Weiss: Mein Hintergrund ist die Konfliktberatung. Als Mediatorin wurde ich gerufen, Führungskräfte und -teams in gewachsenen Konflikten zu unterstützen, die meist mit Veränderungsprozessen zu tun hatten, z.B. mit dem Generationenübergang im Management. Neben der persönlichen Ebene in jedem Konflikt erschloss sich mir im Lauf der Zeit, wie viele Konflikte oder Paradoxien angelegt sind in Unternehmen allgemein und in der besonderen Konstellation im Familienunternehmen.
In Umbruchzeiten kommen sie verstärkt zum Tragen. Das zeigt sich auch daran, dass rund jede dritte angedachte Nachfolge-Konstellation nicht funktioniert. Ein neuer Anlauf kann Jahre dauern, das Scheitern kann sehr viel Geld kosten und unter Umständen die Existenz des Unternehmens gefährden. Mir liegen unsere inhabergeführten Familienunternehmen am Herzen und ich sehe es als meine Aufgabe, sie in dieser entscheidenden Phase der Unternehmensgeschichte zu begleiten.
Miranda Scheuplein: Unsere Kunden kommen v.a. aus dem inhabergeführten Mittelstand. In Deutschland bilden diese familiengeführte Unternehmen mit ca. 90 % aller Unternehmen das Herzstück der deutschen Wirtschaft. An der Spitze von schwäbischen Unternehmen stehen vor allem Personen im Alter von 51 bis 60 Jahren. In den kommenden zehn Jahren wird sich der Großteil der heute aktiven Führungsriege altersbedingt zurückziehen. Sie werden eine Nachfolgeregelung finden oder aber das Unternehmen in absehbarer Zeit aufgeben müssen.
Als Change- und Organisationsberaterin befasse ich mich täglich mit Veränderungen in Organisationen, die die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens sichern sollen. Dazu gehört natürlich auch die Unternehmensnachfolge, jedoch ist dies eine spezielle Art des Change, bei dem das Familiensystem eine besondere Rolle spielt.
Die Generation »Babyboomer« steht vor dem Renteneintritt, darunter auch viele Unternehmer:innen und Geschäftsinhabende. Wie viele Firmen stehen in den nächsten Jahren vor einer Übergabe?
Miranda Scheuplein: Wir wissen seit Jahren: in den nächsten 10 Jahren werden insgesamt ca. 7,3 Millionen Menschen in Deutschland aus dem Arbeitsleben austreten, bis 2036 sollen es sogar 12.9 Millionen sein. Der Produktionsfaktor »Arbeit« ist damit in Deutschland bereits rückläufig. Betrachten wir vor dem Kontext des demografischen Wandels die Gruppe der Unternehmer und Geschäftsinhaber stehen in Deutschland bis 2026 ca. 190.000 Familienunternehmen vor der Herausforderung entweder einen Nachfolger zu finden oder aber das Unternehmen aufzulösen oder zu verkaufen. In den kommenden drei Jahren wird sich fast jedes zweite Familienunternehmen mit der Nachfolgefrage befassen müssen.
Dies ist angesichts der Tatsache, dass immer weniger Arbeitskräfte überhaupt zur Verfügung stehen, und der sich verändernden grundsätzlichen Haltung zum Thema Arbeit und Verantwortungsübernahme in den jüngeren Generationen eine echte Challenge.
Nicht immer steht eigener Nachwuchs bereit, der die Verantwortung übernehmen kann und möchte. Wie finden Familienunternehmen geeignete Nachfolger:innen?
Maxi Weiss: Diese Frage beinhaltet zwei Aspekte: Überhaupt einen Nachfolger zu finden und eine Eignung festzustellen. Inzwischen ist beides nicht mehr trivial. Auch für Töchter oder Söhne ist die Frage nach der Eignung relevant. Verfügen Sie über ein »Unternehmer-Gen«, sind sie bereit die große Verantwortung zu tragen? Dazu kommt die Überlegung in größeren Unternehmen, ob die zunehmend komplexen Unternehmensstrukturen noch von einer Person zu überblicken sind oder ob es sinnvoll ist, ein Gremium an die Spitze zu stellen.
Gibt es keine familien- oder unternehmensinterne Nachfolge, bieten sich Inserate und Suchen in verschiedenen Unternehmensbörsen an. Die Kammern helfen in diesem Prozess mit ihrem Beratungsangebot. Je nach Unternehmensgröße werden auch Personalvermittler angefragt, die gezielt nach Spitzenpersonal suchen. Zunehmend mehr werden Unternehmen verkauft, wenn die klassische Übergabe nicht zustande kommt.
In allen Fällen gilt es zu prüfen, welche Person auf welche Unternehmenskultur treffen soll: Eine Bestandsaufnahme zur Kultur, zum Umgang im Haus, zu Fragen der Führung sollte dem Suchprozess vorausgehen. Auch der Nachfolger oder Käufer prüft diese Passung für sich selbst. Insbesondere die Vorerfahrung mit einer ähnlichen Struktur, also konkret mit Familienunternehmen ist entscheidend. Steht die Person dann fest, spielt das gegenseitige Vertrauen die maßgebliche Rolle – als Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Wie geht man den Prozess der Unternehmensnachfolge strategisch an?
Maxi Weiss: Eine große Frage! Drei Felder sind wohl relevant und es ist wichtig sich ihnen frühzeitig zu widmen: Die eher rechtlichen Aspekte umfassen z.B. das Erstellen eines »Notfallkoffers«, die Abstimmung von Gesellschaftervertrag und Testament, das Festschreiben von Vertreterregelungen etc. – um die Handlungsfähigkeit im Unternehmen sicherzustellen und unerwünschte Szenarien nach Möglichkeit auszuschließen.
Bei der Frage, welches Nachfolge-Modell zur Größe und Struktur des Unternehmens passt, empfiehlt es sich in alle Richtungen zu denken und Szenarien durchzuspielen. Auch mit der Führungsmannschaft oder mit langjährigen, vertrauten Mitarbeitern zu sprechen, lohnt sich, die vielleicht Interesse haben selbst in die Verantwortung zu gehen. Drittens kann man das Unternehmen vorbereiten. Dazu zählt wechsel-stabile, personenunabhängige Strukturen zu stärken oder Abstimmungsprozesse zwischen Beirat, Gesellschaftern und Führungsmannschaft festzulegen. Es geht darum, ein Vorgehen sichtbar zu machen, das bisher rein an den Personen hängt und über gewachsene Vertrauensstrukturen funktioniert.
Wie gelingt es, im Nachfolgeprozess gut zu kommunizieren und die Belegschaft und Führungskräfte des Unternehmens »mitzunehmen«?
Miranda Scheuplein: Gute Kommunikation fußt auf Klarheit, Orientierung und Transparenz – soweit möglich. Dies sollte man sich als Nachfolger zunächst alleine, aber auch sehr bald mit dem Top-Management-Team gemeinsam erarbeiten: Was verändert sich, wo wollen wir hin, wozu? Wie gehen wir vor? Was soll bleiben, was wird sich verändern? Was dies für jeden Einzelnen bedeutet, gilt es im nächsten Schritt partizipativ mit den Mitarbeitenden zu erarbeiten. Parallel dazu ist eine überlegte Change-Kommunikation unerlässlich. Dialogische Kommunikation über mehrere Kanäle, z.B. durch Workshops, Gespräche, Intranet oder Mailings, stellt sicher, dass alle Mitarbeitenden sich während des Veränderungsprozesses informieren und einbringen können.
Auf der ganz persönlichen Ebene des Nachfolgers ist es extrem hilfreich, sich bewusst zu machen, was mich als Unternehmer- und Führungs-Persönlichkeit ausmacht, was mich von meinem Vorgänger unterscheidet. Zudem ist bewusstes Beziehungsmanagement zu wichtigen Stakeholdern sehr wichtig, um eine stabile und vertrauensvolle Zusammenarbeit zu etablieren. Hierzu sind Coachings für Führungskräfte sehr hilfreich.
Wenn es um mögliche »Hürden« bei der Übernahme geht, denkt man als erstes an die Seniorgeneration, der es schwerfällt »loszulassen«. Welchen Stolpersteinen und Herausforderungen sehen sich Nachfolger:innen gegenüber – auch bezogen auf die eigene Person?
Maxi Weiss: Die Juniorgeneration tritt an die höchste Position im Haus und vor Mitarbeiter, die sie zum Teil seit Kindertagen kennen – das erfordert einiges an Robustheit, Fingerspitzengefühl und Rollenklärung. Für alle Nachfolger oder Käufer gilt es, eine Balance zu finden zwischen Bewahren und Erneuern. Ein Fokus auf schnelle, sichtbare Veränderungen ist hinderlich, solange ich das Bestehende noch gar nicht richtig kenne. Ein gewisses Maß an Demut gehört auch dazu, Demut vor der großen Aufgabe und vor der Leistung der Seniorgeneration. Die gilt es zu würdigen und gleichzeitig eigene Akzente zu setzen.
Welche Rolle spielt das Thema »Führung« im Prozess der Unternehmensnachfolge?
Maxi Weiss: Nachdem mit der Unternehmensleitung die Spitze der Führung wechselt, stehen potentiell sämtliche Führungsgewohnheiten in Frage. Je weniger personenunabhängige Strukturen etabliert sind, desto stärker wird sich der Wechsel bemerkbar machen. Aus Erfahrung ändern sich die Erwartungen an die Führungsmannschaft, wird meist mehr Verantwortung delegiert und dafür oft eine oder eine weitere Führungsebene eingezogen. Tendenziell wird stärker auch Personalverantwortung delegiert und Entscheidungshoheit für den eigenen Bereich. Insofern ist es nicht nur eine Frage für den Juniorunternehmer, ob die Mannschaft seiner Führung auf der sozialen Ebene folgt, sondern es steht auch die Eignung der bisher oft wegen fachlicher Autorität als Führungskräfte eingesetzten Mitarbeiter auf dem Prüfstand.
Mit der Übernahme durch die »NextGen« tritt das Unternehmen automatisch in eine Phase der Veränderung ein. Welche Mittel und Methoden sind hilfreich, um diesen »Change« aktiv zu gestalten?
Miranda Scheuplein: Die Unternehmensnachfolge ist ein Prozess, der gerne bis zu 4 Jahre oder länger dauern kann. Das bedeutet, dass eine Begleitung durch Organisationsberatung auf die unterschiedlichen Phasen mit den passenden Interventionen eingehen muss. Wir beobachten, dass eine Veränderungsbegleitung für eine Nachfolge oft recht spät angegangen wird. Es ist ratsam schon frühzeitig »im Kleinen« zu arbeiten, z.B. mit dem Senior/Junior oder dem engsten Managementkreis, und im Verlauf des Nachfolgeprozesses mit Gruppen oder Großgruppen auf Team- oder Bereichsebene zu arbeiten, um die gesamte Organisation zu erreichen. Das ist sehr stark abhängig von der Unternehmensstruktur und -größe. Jedes Unternehmen ist anders, so ist auch die Art und Weise der Change-Begleitung immer individuell auf das Unternehmen zugeschnitten.
Wie lässt sich für Nachfolger:innen sicherstellen, dass neben gewollten Veränderungen der Kern an Werten und der Unternehmenskultur erhalten bleibt?
Miranda Scheuplein: Indem man sich bewusst macht, was überhaupt die Kern-Werte sind, und welche Werte man künftig vertreten möchte. Diese geben dann Handlungsorientierung für Entscheidungen der Geschäftsführung, Führungskräfte und Mitarbeiter. Die Aufgabe von Führungskräften ist es, diese Werte konsequent vorzuleben, und Mitarbeiter dahingehend zu führen. Wichtig ist, Werte im Dialog mit den Mitarbeitern bewusst zu erarbeiten und zu reflektieren: Was heißt XY für uns und meinen Bereich? Für eine Vergemeinschaftung dieser Handlungsprinzipien braucht man interaktive Methoden, sonst läuft man Gefahr, dass diese Werte leere Worthülsen bleiben.
Was erwartet die Teilnehmenden des Seminars »Führung in der Unternehmensnachfolge« und welchen konkreten Nutzen können sie daraus ziehen?
Maxi Weiss: Im Workshop blicken wir auf die besondere Konstellation im Familienunternehmen und auf die Nachfolge als Change-Prozess. Zu wissen, welche Konflikte angelegt sind, Erwartungshaltungen und Konstellationen zu reflektieren, kann entlasten, bringt Orientierung und gibt Impulse, die eigene Situation weiter zu gestalten. Besonders wertvoll ist es für die Teilnehmer, sich außerhalb des eigenen Unternehmens oder unmittelbaren Umfelds mit Unternehmern in ähnlicher Situation im geschützten Rahmen auszutauschen.
Miranda Scheuplein: Genau, der Austausch mit Peers in einem geschützten Raum kann sehr bereichernd und inspirierend sein. Die Teilnehmenden gewinnen mehr Selbstsicherheit in ihrer Position als Nachfolger und bekommen Impulse, um in der Komplexität des Übergangsprozesses die Orientierung zu behalten. Deshalb möchten wir mit einem spannenden Rahmenprogramm zusätzlich den Austausch und die Verbindung unter den Teilnehmenden fördern. Unser Wunsch ist, dass die Teilnehmer auch als Alumni noch lange einen Mehrwert von dem Seminar haben.
Vielen Dank für das Gespräch!
Interviewfragen: Manuel Christa, Projektmanagement
Trainerin & Coach sowie Nachfolgeberaterin
Moderation von Organisations- und Teamentwicklung; Coaching für Führungskräfte; Supervision für Führungsteams; Begleitung der Nachfolge in Familienunternehmen
Management- und Organisationsberaterin
Schwerpunkt: Prozessberatung, Change Management & Kommunikation
m.scheuplein@mcsl.de | 08394 910 471
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Teil II: 05.05.2025–06.05.2025
Teil I: 05.06.2025–06.06.2025
Teil II: 14.07.2025–15.07.2025
Teil I: 06.10.2025–07.10.2025
Teil II: 10.11.2025–11.11.2025
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